Diet Sayler

… Allein schon aufgrund ihrer Dimension gewinnen die Farb-Körper, die "Bodies", ungeachtet systematischer Konstruktion, eine neuartige Gestaltqualität und teilen sich, ihrer Tiefen wegen, als isoliertes Zeichen mit. … Entscheidend, im Unterschied zu den flächigen Installationen der "Norigramme", ist die Dialektik von farbiger Oberfläche und Reliefkörper. Durch Einblick in die unbemalten Seitenflächen entsteht ein Übergang der Wahrnehmung von "Frontalität" der Farbe zur Tiefenwirkung des Objekts, welcher der Farbe Körperhaftigkeit vermittelt, ohne ihre Bindung an die Oberfläche zu leugnen und sie somit in der Erscheinung schweben läßt. Losgelöst von der Wand, entwickelt die Farbe eine Kraft, die sie in den Raum ausstrahlen läßt. Selbst wenn sie sich noch an das orthogonale Bezugssystem hält – was sie, ihrem Wesen nach instabil, nicht immer tut –, wird ihre neue Wirkungsdimension spürbar. Was sie, kategorialer Eindeutigkeit zwischen Tafelbild und Bildobjekt sich entziehend, von der amerikanischen Malerei der "shaped canvas" unterscheidet, ist die Rückbindung an ein System. Diese zeigt sich in der Vermittlung zwischen körperhafter Empfindung und Unmittelbarkeit der Farbe. …


Joachim Heusinger von Waldegg
Karlsruhe, 1998
Monographie "Diet Sayler", 1999

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