Diet Sayler

… Mit Blick auf die frühen Meister des Suprematismus und der quasi-geometrischen Abstraktion, insbesondere Malewitsch und Mondrian, gehört Sayler zu einer Reihe bedeutender europäischer Künstler, deren Projekt darin besteht, erneut Aspekte des Affektiven in die sterile Strenge des internationalen Konstruktivismus zu integrieren. Er hat sich unmißverständlich von dem akademischen geometrischen Rationalismus distanziert, der die konstruktivistischen Bemühungen von den 60er bis zu den 90er Jahren dominiert hat. Sayler wies den simplen Utopismus zurück, der den Konstruktivismus der frühen Moderne mit technologischem und sozio-politischem Fortschritt gleichsetzte, wandte sich aber auch gegen den vorherrschenden Trend in der jüngeren geometrischen Abstraktion (und dem Minimalismus) zu idealisierten philosphischen Konzepten und repetitiven Präsentationen objektiver Formen. Mit seinen Verfahren, die vorhersagbare Resultate vermeiden und die Subjektivität (etwa in der Farbwahl), Intuition (in der Formbestimmung von Basis-Elementen) und Zufallselemente (in der Bestimmung der Konfiguration der Basis-Elemente) zulassen, steht Sayler in der vordersten Reihe einer entscheidenden Entwicklung im Konstruktivismus, die Denken und Empfinden und das unvorhersehbare Ereignis in die künstlerische Praxis aufnimmt. In seinen Worten ausgedrückt: "Das Prinzip ist Form, Farbe ist Freiheit, Zufall ist der Augenblick."

Befreit von gewissen willkürlichen Zwängen, wird die haptisch-geometrische Abstraktion zum Ausdruck jener eindrucksvollen Ungewißheiten, die eine Bedingung der menschlichen Freiheit ist. …


Mel Gooding
London, 1998
Monographie "Diet Sayler, 1999

Deutsch

|English